Trotz einer Verbesserung der Situation von MigrantInnen im Bildungssystem stellen ethnische Bildungsdisparitäten in vielen westlichen Ländern nach wie vor eine Herausforderung dar (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012; Behörde für Schule und Berufsbildung 2011).

Neben unterschiedlichen Erfolgsvoraussetzungen von SchülerInnen mit und ohne Migrationshintergrund wird ihren Bildungsaspirationen und -Erwartungen eine zentrale Rolle in der Erklärung der unterschiedlichen Bildungsteilnahme zugeschrieben (Brinbaum and Cebolla-Boado 2007; Relikowski et al. 2012). In Anknüpfung an Ansätze zur Erklärung sozialer Bildungsdisparitäten (Boudon 1974; Sewell et al. 1969, 1970) untersucht die vorliegende Studie die Verteilung und Determinanten der Bildungs- und Zukunftsaspirationen und – Erwartungen von mehreren hundert SchülerInnen mit und ohne Migrationshintergrund am Ende der Vollzeitschulpflicht in Hamburg am Ende des Schuljahres
2010/2011.

Zum einen sollen die Dimensionen identifiziert werden, anhand derer SchülerInnen mit und ohne Migrationshintergrund ihre Bildungsaspirationen und -Erwartungen konstruieren. Zweitens soll der Frage nachgegangen werden, ob die Zukunftsaspirationen von SchülerInnen ausschließlich als Konsequenz ihrer Bildungserwartungen aufgefasst werden können, oder ob SchülerInnen ihre Aspirationen und Erwartungen im allgemeinbildenden Schulsystem im Hinblick auf ihre Zukunftsaspirationen konstruieren (Goyette 2008; Morgan 1996, 1998; Goyette 2008; Shapira 2009; Konczal and Haller 2008). Drittens hat die vorliegende Untersuchung zum Ziel, die kontrovers diskutierte Bedeutung von Bildungsaspirationen und – Erwartungen näher zu beleuchten (Alexander and Cook 1979; Bourdieu 1973; Kerckhoff and Huff 1974; Kerckhoff 1976; Morgan 2002).
Die Ergebnisse zeigen, dass sich SchülerInnen ohne und mit Migrationshintergrund sowohl im Hinblick auf die absolute als auch auf die relative Wichtigkeit unterscheiden, die sie verschiedenen Kriterien in der Formation ihrer Bildungs- und Zukunftsaspirationen zuschreiben, und dass für Letztere migrationsspezifische Besonderheiten eine zusätzliche Rolle spielen. Nach Kontrolle unterschiedlicher Voraussetzungen für den Schulerfolg haben MigrantInnen, deren beide Elternteile im Ausland geboren sind, eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit das Abitur zu planen als ihre MitschülerInnen ohne Migrationshintergrund. Keine signifikanten Unterschiede wurden im Hinblick auf die Erwartungen der SchülerInnen gefunden, diese Pläne auch tatsächlich zu realisieren. Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass Zukunftsaspirationen weder kausal für die Bildungsaspirationen und Bildungserwartungen aller SchülerInnen sind, noch dass sie als ausschließliches Resultat der Bildungserwartungen von SchülerInnen im Hinblick auf ihre allgemeinbildenden Schulsabschlüsse aufgefasst werden können. Weiterhin weisen die Ergebnisse auf eine Variation in der Bedeutung von Bildungsaspirationen und -Erwartungen in der Stichprobe hin.

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